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Harburg (Kreis)
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25 Jahre ohne Gewalt? Warum Kinder noch immer nicht sicher sind

Gesetzliche Klarheit, aber keine Selbstverständlichkeit

Seit dem 8. November 2000 garantiert das Bürgerliche Gesetzbuch in Paragraf 1631 Kindern ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Strafen, seelische Verletzungen und entwürdigende Maßnahmen sind seither untersagt. Dennoch zeigt eine aktuelle Studie der Uniklinik Ulm aus dem Jahr 2025: 30,9 Prozent der Befragten halten einen Klaps für vertretbar, 14,5 Prozent befürworten sogar eine leichte Ohrfeige. Zwar ist dies ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 2005, doch das Ziel einer vollständig gewaltfreien Erziehung ist offenbar noch nicht erreicht.

Gewalt gegen Kinder bleibt Realität

Laut Kriminalstatistik wurden 2024 rund 3.610 Fälle von Kindesmisshandlung in Deutschland erfasst – ein Höchststand seit 2020. Noch dramatischer: Über 16.000 Fälle sexueller Gewalt und mehr als 100 getötete Kinder. Fachleute gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. Die gesellschaftliche Sensibilität für körperliche Gewalt ist gestiegen, doch psychische Gewalt bleibt schwer fassbar und oft unbeachtet.

Unterstützung für Eltern – vielfältig, aber freiwillig

Erziehungsberatung, Elternkurse und Anti-Gewalt-Trainings: Zahlreiche Hilfsangebote richten sich an Eltern, die im Alltag an ihre Grenzen kommen. Jugendämter und Familienberatungsstellen bieten auf Wunsch Hilfe, außer bei akuter Gefährdung. Auch Selbsthilfegruppen und der Kinderschutzbund sind wichtige Anlaufstellen. Inhalte wie Stressbewältigung, Kommunikationsstrategien oder Aufarbeitung eigener Gewalterfahrungen stehen bei Trainings im Mittelpunkt.

Prävention braucht mehr als Gesetze

Fachleute betonen: Gesetzliche Vorgaben allein reichen nicht. Aufklärungskampagnen, frühe Prävention und eine klare gesellschaftliche Haltung gegenüber jeder Form von Gewalt sind entscheidend. Einige Expertinnen und Experten plädieren für eine gesetzliche Ausweitung des Gewaltbegriffs – etwa auf Fälle von Vernachlässigung. Auch die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz wird regelmäßig diskutiert, blieb politisch bislang jedoch folgenlos.

Fazit: Der Weg zur gewaltfreien Kindheit bleibt steinig

Die rechtlichen Grundlagen für eine gewaltfreie Erziehung bestehen seit einem Vierteljahrhundert. Doch der gesellschaftliche Wandel braucht Zeit – und aktive Unterstützung für Familien. Gewalt gegen Kinder ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem, das kontinuierliche Aufmerksamkeit und konsequente Maßnahmen erfordert.

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