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Harburg (Kreis)
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BGH stärkt Opferrechte: Therapie darf schon vor Prozessbeginn starten


Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Beschluss (5 StR 394/25) deutlich gemacht: Opfer sexuellen Missbrauchs sollen nicht mit einer Therapie warten müssen, bis ein Strafprozess abgeschlossen ist.


Im zugrundeliegenden Fall ging es um eine junge Frau, die als Kind über viele Jahre hinweg schwer sexuell missbraucht wurde. Trotz der belastenden Erlebnisse hatte sie – auch Jahre nach Beginn des Strafverfahrens – noch keine Therapie begonnen. Das Gericht hatte dies mit dem laufenden Verfahren begründet.

Der BGH stellt nun klar: Es gibt keinen Grund, eine Therapie aufzuschieben.
Im Gegenteil – eine frühzeitige psychotherapeutische Unterstützung ist oft dringend nötig, um die seelischen Folgen der Tat zu lindern. Dass ein Opfer eine Therapie in Anspruch nimmt, spricht nicht gegen die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.

Der Gesetzgeber hat ausdrücklich anerkannt, dass Betroffene von sexualisierter Gewalt schnell Hilfe brauchen (§ 13 Abs. 2 und §§ 29 ff. SGB XIV). Eine Therapie kann den Heilungsprozess unterstützen, ohne die Aussagekraft der Opfer zu beeinträchtigen.

Der BGH betont außerdem: Wenn die erste Vernehmung eines Opfers frühzeitig videodokumentiert wird – bevor eine Therapie begonnen hat – liegt dem Gericht in der Regel bereits eine „unbeeinflusste“ Aussage vor. Dann gibt es keinen Grund, den Beginn einer Therapie weiter hinauszuzögern.

Diese Entscheidung ist ein wichtiges Signal für den Opferschutz:

Therapie und Strafverfahren schließen sich nicht aus – sie können und sollen parallel laufen, damit Betroffene so früh wie möglich Hilfe bekommen.

Der WEISSE RING unterstützt diese Haltung ausdrücklich. Niemand sollte aus Angst um das Strafverfahren auf dringend benötigte therapeutische Hilfe verzichten müssen.

 

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